Rezension Katharina Godler – Erinnerung an die Zukunft

Tod und Lyrik
Die Geschwister der Flüchtigkeit?

Mit einem „Stakkato der fallenden Äpfel“ eröffnet Monika Grill ihren Gedichtband „Erinnerung an die Zukunft“, vergangenen Dezember im verlagshaus hernals erschienen.

Menschen gehen von uns, treten die letzte Reise an oder sie segnen das Zeitliche. Die Sprache rund um‘s Sterben ist voll von Metaphern und Euphemismen. To be or not to be. War Prinz Hamlet ein Poet? Wie kommt es, dass in manchen Gedichten die Lyrik mit dem Tod in Dialog tritt?

Das hat sich wohl auch die Autorin Monika Grill gefragt. In ihrem Buch folgen Abschiedsgedichte auf Lamenti. Dazwischen Glossen voller Witz und Leben. Manchmal stehle sie beim Schreiben „die Worte anderer und nähe“ sie in ihr Kleid. Grill zitiert Liedzeilen von John Mayer, The Doors und Van Morrison. Ihre Gedichte lesen sich trotz steter Melancholie immer so, als würde Brian Wilson im Hintergrund Klavier spielen.

Wenn von „tot geknüppelten Robben“ oder von weichenden Gletschern die Rede ist, möchte man am liebsten die Augen verschließen. Sobald aber die Amseln im Dickicht wie die Teeblätter im Beutel rascheln, überwiegt wieder die Freude an den kleinen Dingen des Alltags. Die Autorin verzaubert und lässt uns mit ihren Worten auf Fischgrätparkett tanzen. Einige Gedichte weisen eine gewisse Schwere auf. Der Ausblick auf eine illustre Zukunft bleibt dennoch gewiss.

Phönix tritt aus der Asche. Auf das Loslassen folgt ein Neuanfang. Auf genau diesen Prozess der
Auferstehung lädt uns Monika Grill ein. Damit sie fortrinnen, die Worte, „die wir nie sprachen“.

Katharina Godler
Buchkultur – Ausgabe 206 1/2023

 

Kleine Zeitung – Harald W. Vetter – Buch der Woche

Graz-Buch der Woche: Lustvolles Sprachspiel

Unser Buchtipp der Woche geht diesmal ins Lyrische. Der Grazer Harald W. Vetter veröffentlicht überaus unterhaltsamen Gedichtband. …
Robert Preis | 30. Juni 2019

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Wiener Bezirkszeitung – Ein Leben für die Polizei

… Dass er im Buch auch alte Zeitungsberichte zu seinen eigenen Erinnerungen eingebaut hat, macht Spaß beim Lesen und aus den Geschichten eine spannende Sammlung authentischer, Wiener Polizeigeschichte.
Vieles davon, auch mit welch wenigen Mitteln, dafür aber mit viel Gespür, Mut und Einsatz die Polizei, allen voran der pensionierte Kriminal Obst. Veith Verbrechen aufgespürt und oftmals verhindert hat, erstaunt uns heute in einer Zeit, wo Handys, Internet, schneller Zugriff auf Datenbanken und DNA Analyse längst zum Polizeialltag gehören. …

Ulrike Kozeschnik-Schlick

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Peter Wawerzinek über ‚Vom Brot im Meer‘

Nein, diese Hundertjährige steigt nicht aus dem Fenster und verschwindet wie bei Jonas Jonasson. Diese Hundertjährige schreibt ihr erstes Buch und nimmt ihre Leser nicht nur bei den Händen, sondern schreitet uns voran auf ihrem Lebensweg. Und legt dabei ein so umwerfendes frisches Debüt hin, dass man lesend jubelt.
So inhaltsschwer wie inhaltsschön und ganz ohne jede Übertreibung oder Propaganda. So bündig und kurz wie gnadenlos gerecht und hart es nur geht, werden hier Fakten zum Jahrhundert europäischer Ausgrenzung, Verfolgung, Auslöschung, Vertreibung, Krieg und Völkermord aus eigenem Erleben beschrieben.
Und das so angriffslustig wie verhalten es sich im Ton für eine ewig junggebliebene neue Autorin gehört, die im ruhigen und dadurch erst so richtig anklagenden Erzählton zu uns spricht, uns anrührt und wütend sein lässt.
Sich treu und der simplen Wahrheit verpflichtet, die da heißt: So und nicht anders erging es mir, schreibt sie dabei so weise wie ergreifend poetisch, so lebenserfahren kraftvoll, dass es ganz und gar einmalig in der Literatur ist. Und ist dabei auch immer einmal wieder das Quäntchen nachsichtig und milde gestimmt wie es nur diese Hundertjährige sein darf.

 

Peter Wawerzinek, Träger des Ingeborg-Bachmann-Preises

Lyreley – Literarisches Österreich

Rezension von Elfriede Bruckmeier
Literarisches Österreich (2016/1)

Liebeslyrik in unserer poesiefernen Zeit, geht denn das? Ja, es geht!
Eine Reihe selbstständiger, starker Frauen hat es vorgemacht, unter ihnen Dagmar Fischer.
Heute sind es „Beziehungen“, man nennt auch die Tätigkeit bei ihrem „Vogel“ – Namen, aber die Sehnsüchte, Glücksgefühle, Verletzungen, Treuebrüche und der Trennungsschmerz sind noch genauso Themen wie zu Zeiten der Droste.
Dagmar Fischer, auch Lyreley genannt, hat ein großes Plus: sie liest ihre Gedichte selbst und das wunderbar, mit einem Gespür für das richtige Timing.
Es ist nicht zwingend, dass die lesende Lyrikerin gut aussehen muss, aber auch das hilft! In Performances und musikalischen Lesungen gelingt es ihr, die Gedichte den Zuhörern gleichsam „einzuschreiben“, man schätzt die kunstvollen Formulierungen und möchte gerne zu Hause nachlesen.
Und so kam es, dass 4 ihrer 5 bisher veröffentlichten Lyrikbände bald vergriffen waren. Nun hat sie einen Auswahlband aus 25 Jahren vorgelegt. Es sind empfindsame lyrische Gebilde, die in diesem Band versammelt sind.
Doch viele haben „einen Sprung in der Schüssel“, so dass aus dem Schönklang unversehens ein dumpfer Ton entsteht, der die Himmelstürmer durch eine unvermutet einsetzende kunstlose Alltagssprache auf die Erde zurückholt.
Besonders berührend das Gedicht „Nach dem Besuch von Auschwitz oder jeden Morgen beim Bürsten meiner Haare“. Es geht um Berge von Haaren, Schuhen und Koffern und erst die Lakonie der letzte Zeile „Dann putze ich mir die Zähne“ macht das Grauen vollständig.

Dagmar Fischer, Jahrgang 1969, hat Jus studiert und Sport, und sie hat im universitären Bereich und als AHS Lehrerin gearbeitet. Das bedeutet: sie hat Lebenserfahrung.
Dem Thema Liebe gleichwertig zur Seite gestellt ist das Thema Politik, nicht als Tagespolitik zu verstehen, sondern als Sorge um die Gemeinschaft, um die Schwächeren, die auf der Strecke bleiben, um Widersprüche und Grausamkeiten in der Rechtsprechung und bei der Polizei.
Ein kleiner Appetithappen, willkürlich herausgegriffen aus dem schönen Gedichtband:

Szenario

Wenn die Welt untergeht
mit wem würdest du dann
sterben wollen?

Mit dir natürlich
deine Hand haltend

Ich bin gerührt

Und warum
frage ich
willst du dann nicht
mit mir leben?

Zum Stil ist zu sagen: sie findet originelle Worte wie „volltontrunken“, Formulierungen wie Abschied geben und nehmen.
Dass sie keine Angst vor dem Reim hat, gefällt mir. Ihre Gedichte kann man sich leicht merken, man könnte sie singen. Daher ist es ganz natürlich, dass sie mit Musikern zusammenarbeitet.

Elfriede Bruckmeier

Rezension Armin Baumgartner – Rudolf Kraus

Tausend Tode könnt’ ich sterben – übersetzt man den Titel ins Englische, „I Could Die A Thousand Times“, könnte dies wohl auch eine Liedzeile aus einem grantigen Bluessongs sein, in dem der Sänger seine Sehnsucht nach seiner durch Eigenverschulden verlorenen Liebe oder nach der Wiedergutmachung eines eigens begangenen Unrechts in die Welt hinausheult. „Lost Woman Blues“ von Motörhead wäre wohl ein geeigneter Kandidat, um die Atmosphäre musikalisch zu verbildlichen …

Armin Baumgartner, Literaturhaus Wien

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Rezension Helmuth Schönauer – Rudolf Kraus

GEGENWARTSLITERATUR 2318

tausend tode könnt' ich sterben

Sprachminiaturen sind treffsichere abgerundete Fügungen, die sich wie Gebilde mit Widerhaken auf dem Filz des Alltags festsetzen.

Rudolf Kraus setzt mit dieser feinen additiven Methode, wo überraschende Wendungen wie Magnetsteine auf die Fläche gesetzt werden, durchaus großen Themen zu wie dem Tod. Nicht nur das nicht Voraussehbare, „wie wird denn wohl mein Tod ausschauen?“, spielt eine Rolle, sondern manche Ereignisse spitzen sich schon zu Lebzeiten so dramatisch zu, dass ihnen der Tod den Deckel drauf setzen muss. So kümmern sich die Sprachminiaturen nicht nur um die Ars moriendi, die Kunst des Sterbens, sondern mindestens so heftig um die Ars vivendi, die Kunst des Lebens.

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Rezension Heinrich Steinfest – Rudolf Kraus

Rudolf Kraus ist der Captain Kirk unter den Lyrikern: heldisch, stolz, nicht ohne Pathos, hin und wieder den Zeigefinger hebend, gleichwohl auch souverän, von Beginn an melancholisch, zusehends witzig. Und immer meint man, eine ungeweinte Träne zu spüren.
Fazit: nicht vulkanisch, sondern menschlich.

Heinrich Steinfest (Schriftsteller, Stuttgart, Deutscher Krimipreisträger 2004)

Rezension Georg Pichler – Rudolf Kraus

ein ende ist nicht abzusehen
Verdammt gute Papierschiffchen gegen die unabänderlich ratternden Prosapanzer …

Georg Pichler,  www.buecherschau.at

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