Page 14 - Fliegen mit geflickten Flügeln
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dieses Zusammenspiel an vielen Stellen gleichzeitig durch z.B.
           einen Schlag auf den Kopf durcheinander, entstehen mehr oder
           weniger starke Funktionsveränderungen im Gehirn, die man
           dann als verändertes Verhalten, Bewegen, Spüren, Empfinden,
           Reden, Sehen, Hören oder Riechen bemerken kann.
             In den folgenden einzelnen Beschreibungen der neuen Situa-
           tion nach dem SHT in diesem Buch ist jedes Mal auf eine sehr
           persönliche Art festgehalten, wie sich das Leben in neuen Bah-
           nen organisiert, nachdem es durch das Trauma so eindrücklich
           aus der Bahn geworfen worden war. Sensible und direkte Wor-
           te überzeugen, wie mutig von allen Betroffenen, den Verletzten
           und deren Angehörigen die Readaptation an die neue Situation
           in Angriff genommen wurde. Dazu gehört die Bereitschaft zur
           Trauer um den Verlust des gewohnten Lebens, die Bereitschaft
           zum Loslassen von alten Gefühlen und die Bereitschaft zum Ge-
           wöhnen an ein neues Leben mit alten Erinnerungen.
             Das Reorientierungssyndrom ist der Umgang mit diesem Le-
           ben danach. Es kann beim einen ganz normal in den drei Phasen
           – Trauer, Loslassen und Gewöhnung – ablaufen, beim anderen
           aber in der einen oder anderen Richtung erschwert und vor al-
           lem durch Angst verlängert sein. Die Gefühle, die zum Leben
           vor der Gehirnverletzung gehören, verfolgen einen noch lange
           und sind, je nach der eigenen Lebenssituation vor dem Trau-
           ma, mehr hinderlich oder auch förderlich, um sich im neuen Le-
           ben zurechtzufinden. Einzelne Betroffene können auch mit dem
           Trauma selber nicht umgehen und kehren in Gedanken immer
           wieder zu der traumatisierenden und lebensbedrohenden Situa-
           tion als Angriff auf das eigene Leben zurück.
             Bei manchen SHT Verletzten gibt es beim ersten Eindruck gar
           keine, bei anderen schwerste motorische oder neuropsychologi-
           sche Beeinträchtigungen nach einem SHT. In der neurologischen
           Rehabilitation kann motorisch, neuropsychologisch, im Alltag
           und in der so wichtigen Reorientierung den Verletzten und An-
           gehörigen in jeder Phase geholfen werden, ein neues Leben zu


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